Jugendliche im Übergangsbereich stellen eine oft übersehene, aber potenziell wertvolle Zielgruppe dar – auch für den Maschinen- und Anlagenbau.
Der Fachkräftemangel bleibt eine der größten Herausforderungen für Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau. Trotz vielfältiger Bemühungen nimmt die Zahl qualifizierter Nachwuchskräfte sowohl in der beruflichen Bildung als auch in technischen Studiengängen weiter ab. Der demografische Wandel verschärft die Situation zusätzlich: In den nächsten zehn Jahren wird ein großer Teil der heutigen Fachkräfte in den Ruhestand gehen. Bereits im vergangenen Jahr blieben rund 9 Prozent der angebotenen Ausbildungsplätze in den relevanten Berufen des Maschinen- und Anlagenbaus unbesetzt.
Einen besonderen Blick verdient der sogenannte Übergangsbereich zwischen Schule und Beruf. Dieser richtet sich an Jugendliche, die nach dem Schulabschluss zunächst keine Ausbildung oder Beschäftigung aufnehmen. Ziel dieser Programme ist es, ihre Chancen auf einen Berufseinstieg zu verbessern. Im Jahr 2023 nahmen rund 250.000 junge Menschen – etwa 13,5 Prozent aller junger Menschen, die sich in Ausbildung, Erwerb der Hochschulreife oder Studium befinden – an solchen Maßnahmen teil. Um den Unternehmen im nordrhein-westfälischen Maschinen- und Anlagenbau einen fundierten Einblick in das Potenzial dieser Zielgruppe zu geben, organisierte ProduktionNRW am 25. März 2025 einen virtuellen Erfahrungsaustausch unter dem Titel „Herausfordernde Auszubildende“.
Berufliche Ausbildung: Einblicke aus Forschung und Praxis
Frederik Knack, Referent in der Abteilung VDMA-Bildung, beleuchtete zunächst die aktuelle Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Um die zunehmenden Rekrutierungsschwierigkeiten besser einordnen zu können, wurden verschiedene Studienergebnisse zur jungen Generation vorgestellt. Dazu zählten unter anderem die Shell Jugendstudie, die SINUS-Jugendstudien sowie eigene VDMA-Umfragen unter Schülerinnen und Schüler, Auszubildenden und Studierenden.
Die Ergebnisse zeigen ein überraschend klares Bild: Viele Jugendliche vertreten eher traditionelle Werte. Familie, Sicherheit, ein stabiler Lebensstandard und eine ausgewogene Work-Life-Balance stehen hoch im Kurs. Weniger wichtig erscheinen Themen wie Nachhaltigkeit oder Homeoffice. Die überwiegende Mehrheit der Auszubildenden ist mit ihrer Berufswahl zufrieden – ein positives Signal für Unternehmen.
Das Potenzial des Übergangsbereichs gezielter nutzen
Besondere Relevanz kann der Übergangsbereich für die Fachkräftesicherung im Maschinen- und Anlagenbau haben. Viele der dort betreuten Jugendlichen verfügen trotz formaler Schwächen über technisches Interesse und Potenzial. Eine Studie der IMPULS-Stiftung zeigt, dass 50 bis 60 Prozent dieser Jugendlichen in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und IT-Kompetenz besser abschneiden als das unterste Leistungsviertel aktueller Maschinenbau-Azubis. Insbesondere technisch-praktische Berufe stoßen auf großes Interesse.
Um dieses Potenzial besser zu erschließen, werden verschiedene Möglichkeiten, wie die gezielte Förderung technischer Kompetenzen, eine verbesserte Berufsorientierung oder eine engere Kooperation zwischen Schulen, Übergangseinrichtungen und Unternehmen empfohlen.
Praktische Ansätze im Ausbildungsalltag
Zudem wurden konkrete Herausforderungen im Ausbildungsalltag thematisiert. Dazu zählen hohe Fehlzeiten, mangelnde Fach-, Sozial- und Sprachkompetenzen sowie psychosoziale Belastungen. Unternehmen können dem unter anderem durch die Einführung einer aktiven Feedbackkultur, Nachhilfeangebote und Sprachförderung oder Coaching für Ausbilderinnen und Ausbildern diese Herausforderungen begegnen.
Erfahrungsaustausch und Diskussion
In der abschließenden Diskussion ging es unter anderem um Unterschiede zwischen Auszubildenden in ländlichen und städtischen Regionen sowie um die Frage, ab wann Technikverständnis bei Jugendlichen gezielt gefördert werden sollte. Konsens bestand darüber, dass praxisnahe Erfahrungen – insbesondere durch gute Praktika – eine Schlüsselrolle bei der erfolgreichen Nachwuchsgewinnung spielen.
Veranstalter
Die Veranstaltung wurde von ProduktionNRW angeboten. ProduktionNRW ist das Cluster des Maschinenbaus und der Produktionstechnik in Nordrhein-Westfalen und wird vom VDMA NRW durchgeführt. ProduktionNRW versteht sich als Plattform, um Unternehmen, Institutionen und Netzwerke untereinander und entlang der Wertschöpfungskette zu vernetzen, zu informieren und zu vermarkten. Wesentliche Teile der Leistungen, die ProduktionNRW erbringt, werden aus Mitteln des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.