Zum Inhalt springen

Neueste Entwicklungen zur Arbeitsmarktpolitik und zum Arbeitsrecht

Das Arbeitsrecht beeinflusst die betriebliche Praxis maßgeblich und spielt eine entscheidende Rolle in den Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmenden. Gerade für viele klein- und mittelständische Unternehmen ist es jedoch oft eine Herausforderung, die kontinuierlichen Veränderungen im Arbeitsrecht zu verfolgen. 

Um die neusten Entwicklungen zur Arbeitsmarktpolitik und zum Arbeitsrecht für den nordrheinwestfälischen Maschinen- und Anlagenbau darzustellen, hat ProduktionNRW am 10. Oktober 2023 eine virtuelle Informationsveranstaltung organisiert. Im Fokus standen insbesondere das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz sowie aktuelle Rechtsprechung im Arbeitsrecht, die potenzielle Auswirkungen auf die Branche haben könnten.

Arbeitsmarktpolitik: Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Zunächst stellte Fabian Seus, Rechtsanwalt im VDMA Recht und Leiter Competence Center Arbeitsmarkt, das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz vor. Dieser Bereich hat politische Maßnahmen dringend benötigt, da auch im Maschinen- und Anlagenbau die Anzahl offener Stellen auf einem nach wie vor hohen Niveau verharrt. Trotz der sich abzeichnenden Rezession planen mehr als die Hälfte der Unternehmen, ihre Belegschaft noch für das Jahr 2023 zu erweitern. Es bleibt jedoch ungewiss, ob diese Pläne angesichts des bestehenden Fachkräftemangels umgesetzt werden können.

Die Bundespolitik betrachtet die Fachkräfteeinwanderung als einen Teil der Lösung und hat am 18. beziehungsweise 31. August das Gesetz und die Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung verabschiedet. Nach dem neuen Verfahren haben qualifizierte Fachkräfte auf drei Wegen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt:

  • Qualifikation: Dies umfasst wie bisher die Blaue Karte EU, die günstige Bedingungen für nationale Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit anerkanntem Abschluss bietet.
  • Erfahrung: Wer mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und einen im Herkunftsland staatlich anerkannten Berufsabschluss hat, kann als Arbeitskraft einwandern. 
  • Potenzial: Neu ist zudem eine Chancenkarte zur Arbeitssuche, die auf einem Punktesystem (etwa Qualifikation, Sprachkenntnisse oder Berufserfahrung) basiert und sich an Menschen richtet, die noch keinen Arbeitsvertrag in Deutschland haben.

Als bisheriges Problem hat sich vor allem die Zusammenarbeit mit den Botschaften und Konsulaten in den Zielländern erwiesen, da die Bearbeitung entsprechender Anträge regelmäßig mit erheblichen Verzögerungen erfolgte. Mit dem neuen Gesetz sollen die Prozesse unbürokratischer und schneller werden.

Aktuelle Urteile zum Arbeitsrecht 

Dr. Christian Hess, Rechtsanwalt im VDMA Recht, widmete sich im Anschluss arbeitsrechtlichen Urteilen. Obwohl in der Vergangenheit nur wenige wegweisende Rechtsprechungen veröffentlicht wurden, dürften dennoch einige Urteile erhebliche Auswirkungen auf den Maschinen- und Anlagenbau haben. Insbesondere zwei Urteile sind hervorzuheben.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 16. Februar 2023 ein Urteil zur Entgeltgleichheit von Männern und Frauen gefällt. Demnach hat eine Frau Anspruch auf gleiche Bezahlung für gleiche oder gleichwertige Arbeit hat, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund ihres Geschlechts ein höheres Gehalt zahlt. Selbst wenn der männliche Kollege ein höheres Gehalt durch Verhandlungen erzielt hat und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgekommen ist, ändert dies nichts an der Verpflichtung zur Entgeltgleichheit. Die Auswirkungen dieses Urteils auf individuelle, außertarifliche Gehaltsverhandlungen sind noch unklar und bedürfen weiterer Beobachtung.

Überraschend war zudem das Urteil des Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (16. März 2023) zur Teilkündigung einer Homeoffice-Vereinbarung. Viele Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden in den letzten Jahren ganz oder teilweise ins Homeoffice geschickt oder ihnen erlaubt haben, von zu Hause zu arbeiten haben Schwierigkeiten, diese wieder zurück ins Büro zu bekommen. Mit der Entscheidung des LAG Hamm, ist es unter Umständen zulässig, Arbeitnehmenden die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice einseitig durch Teilkündigung wieder zu entziehen. Dies stärkt die Position der Arbeitgeber. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob höhere Instanzen sich in Zukunft mit diesem Urteil auseinandersetzen werden.

Während der anschließenden Diskussion wurden einzelne Rechtsurteile aus Sicht der Unternehmen kommentiert. Dabei wurde deutlich, dass die systematische Aufbereitung der wichtigsten Neuerungen hilfreich ist, um den Maschinen- und Anlagenbau in Nordrhein-Westfalen auf mögliche Veränderungen vorzubereiten.

Weitere Informationen zum Thema Fachkräfteeinwanderung:
Veranstalter

Die Veranstaltung wurde von ProduktionNRW angeboten. ProduktionNRW ist das Kompetenznetz des Maschinenbaus und der Produktionstechnik in Nordrhein-Westfalen und wird vom VDMA NRW durchgeführt. ProduktionNRW versteht sich als Plattform, um Unternehmen, Institutionen und Netzwerke untereinander und entlang der Wertschöpfungskette zu vernetzen, zu informieren und zu vermarkten. Wesentliche Teile der Leistungen, die ProduktionNRW erbringt, werden aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.