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Komplex aber ertragreich: Geschäftschancen mit Umbauten

Komplex aber ertragreich: Geschäftschancen mit Umbauten

Für Umbauten an Maschinen und Anlagen gibt es viele Gründe – sowohl aus Sicht des Betreibers als auch des Herstellers. Leistungssteigerung, Modernisierung, Automatisierung, verfahrenstechnische Anpassung, Einsparungen bei Ressourcen, Lebensdauer, Digitalisierung … sind nur einige der in Erfahrungsberichten angeführten Gründe. Umbauten erfolgen in einem engen zeitlichen Rahmen und bergen sowohl Risiken als auch Chancen für Hersteller und Betreiber. Sie erfordern auf beiden Seiten ein gutes Projektmanagement und eine passende Organisation.

Über 30 Teilnehmer aus dem Sondermaschinen- und Anlagenbau wurden zunächst von Referent Peter Thomin, VDMA Business Advisory, in die Thematik eingeführt.

Eine Umfrage unter den Anwesenden zeigte, dass etwa 50 Prozent der Umbauten aufgrund von veränderten Einsatzbedingungen und/oder verschärften Produktanforderungen erfolgen.  Gründe liegen hier in Einsparpotenzialen und der Teileverfügbarkeit, wie etwa der Abkündigung von Steuerungskomponenten. Geänderte Umweltbedingungen oder das Erreichen von Verschleißgrenzen sind dagegen nur für 10 bis 15 Prozent der Umbauten relevant.

Umbauten und Ersatzteile sind im Service die stärksten Ertragsbringer. In den „VDMA Kennzahlen Kundendienst“ werden Umbauten separat ausgewiesen und erbringen im Branchendurchschnitt mindestens 5 Prozent der gesamten Serviceleistungen. Eine Mehrheit der Unternehmen verbindet mit Umbauten starke Wachstumserwartungen. Die Hälfte der befragten Unternehmen agiert aktiv, die andere Hälfte bietet Umbauten auf Anfrage an.

Proaktive Umbaupakete und individuelle Anlagenumbauten

Zwei Unternehmen, die Reifenhäuser Group sowie die Neuman und Esser Group, berichteten über ihre Erfahrungen aus dem Umbaugeschäft.

Robin Schäfer und Nicolas Bröcher sind bei Reifenhäuser für den Vertrieb von Umbauten an Anlagen zur Herstellung von Kunststofffolien verantwortlich und führten exemplarisch drei Motivationen der Kunden aus.

  • Effizientere Produktion / Return on Invest
    Hier werden gemeinsam mit dem Kunden detaillierte Musterberechnungen zum Return of Investment erstellt. Um Probleme mit vermeintlich garantierten Werten zu vermeiden sind dabei Toleranzen in den Eingangswerten und vom Kunden verantwortete Aspekte unbedingt zu berücksichtigen.
  • Anlageneffienz – Overall Equipement Effectiveness
    Durch die rechtzeitige Erneuerung von elektrotechnischen Komponenten (Antriebe, SPS, HMI, etc.) kann die Betriebszeit der Anlagen wesentlich verlängert werden. Der Austausch auslaufender Komponenten wird den Betreibern bei Reifenhäuser aktiv angeboten.
  • Neue Produkte, neue Märkte
    Der Umbau bestehender Anlagen zur Herstellung von Folien mit anderen Eigenschaften und Materialien sowie für andere Anwendungen wird oft vom Betreiber initiiert.

Voraussetzung für erfolgreiche Umbauten sind bei Reifenhäuser unter anderem eine penibel geführte anlagenbezogene Dokumentation. Angeboten und realisiert werden proaktive Umbaupakete und individuelle Anlagenumbauten. Letztere sind die komplexeren, aufwendigeren Projekte mit einem höheren Volumen. Für den Umbauvertrieb gibt es eigene Kapazitäten in den Bereichen Vertrieb, Projektierung, Auftragsführung und -abwicklung, Projektleitung und Konstruktion und Software.

Im Umbauprozess von der Anfrage bis zur Abnahme erfolgen zunächst Budgetangebote und Risikobewertungen in den verschiedenen Kategorien, bevor ein qualifiziertes Angebot Basis eines Auftrags werden kann.

Abgestufter Anbahnungsprozess für Umbauten

In einem völlig anderen Marktumfeld agiert NEAC Compressor Service. René Anke, Head of Technical Consulting bei NEAC Compressor Service GmbH & Co. KG, berichtete über die Herausforderungen bei Umbauten von oder an Gas-Verdichtungsanlagen. Von deren Verfügbarkeit hängen häufig ganze Produktionsstätten in der chemischen Industrie oder auch kritische Infrastruktur in der Gasversorgung ab. Stärkere regulatorische Anforderungen und Drittzertifizierungen prägen das Geschäft, indem Verzögerungen oder Ausfälle extreme Folgeschäden nach sich ziehen.

Die Kompressoranlagen sind für einen spezifischen Anwendungsfall ausgelegt und jede Änderung an den Parametern führt zu Modifizierungen. Hierbei ist zunächst eine Prüfung der Umsetzbarkeit und eine grobe Simulation der gewünschten neuen Fahrweise erforderlich. Dieser sogenannte Preliminary Check erfolgt kostenfrei, die nächsten Stufen der technischen Klärung und einer Engineering Studie für den Kompressor und die peripheren Anlagenbauteile werden gegen einen Engineering-Auftrag durchgeführt. Erst danach kann die Durchführung eines Umbaus angeboten und in Auftrag genommen werden.

Wegen des umfangreichen Engineerings und einer detaillierten Risikobeurteilung ist dieser abgestufte Anbahnungsprozess ein akzeptierter Prozess für die Betreiber der Kompressoren. Umbauten ermöglichen die Anpassung an neue technische Spezifikationen und Prozessbedingungen und können zeitlich schneller umgesetzt werden als Neuinstallationen. In der Realisierung ist eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Produktion und Service erforderlich. Ein enger Austausch mit dem Neumaschinenvertrieb verhindert Reibungsverluste und trägt zur Kundenbindung bei.

„Protect the investment“

Eine lebhafte Diskussion unter den Teilnehmenden zeigte ein gutes Risikobewusstsein in den Unternehmen. Die Chancen für die Kundenbindung und -betreuung sowie der Positionierung im Markt werden gesehen und aktiv genutzt. Eine Erkenntnis eint dabei alle: Umbauten machen sich nicht am Schreibtisch, sie erfordern kompetentes Agieren vor Ort und das vom ersten Angebot bis zur Abnahme.

Weitere Informationen
Veranstalter

Die Veranstaltung wurde von ProduktionNRW angeboten. ProduktionNRW ist das Cluster des Maschinenbaus und der Produktionstechnik in Nordrhein-Westfalen und wird vom VDMA NRW durchgeführt. ProduktionNRW versteht sich als Plattform, um Unternehmen, Institutionen und Netzwerke untereinander und entlang der Wertschöpfungskette zu vernetzen, zu informieren und zu vermarkten. Wesentliche Teile der Leistungen, die ProduktionNRW erbringt, werden aus Mitteln des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.