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Gesetzliche Anforderungen an die Einführung eines Hinweisgebersystems

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist die deutsche Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie, die erstmals EU-weit einen standardisierten Schutz für Hinweisgeber festlegen will. Das Gesetz wird voraussichtlich im kommenden Jahr in Kraft treten und gilt dann grundsätzlich für Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten – für die unterschiedlichen Unternehmensgrößen sind verschiedene Übergangsfristen angesetzt.

ProduktionNRW hat am 20. September 2022 für den nordrhein-westfälischen Maschinen- und Anlagenbau eine virtuelle Informationsveranstaltung zu den gesetzlichen Voraussetzungen für die Einrichtung eines solchen Hinweisgebersystems organisiert. Neben den gesetzlichen Anforderungen an die Ausgestaltung einer internen Meldestelle wurden insbesondere auch arbeits- und datenschutzrechtliche Aspekte des Hinweisgeberschutzes thematisiert.

Grundlagen zum Hinweisgeberschutzgesetz

Anette Binder, Rechtsanwältin der VDMA Rechtsabteilung, ging zunächst auf die EU-Whistleblower-Richtlinie ein. Die Richtlinie (2019/1937) zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, ist am 23. Oktober 2019 in Kraft getreten und sollte bis zum 17. Dezember 2021 in nationales Recht umgesetzt werden.

Da Deutschland die Richtlinie bisher noch nicht umgesetzt hat, wurde ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Der Gesetzgebungsprozess nimmt momentan wieder Fahrt auf, da ein aktueller Regierungsentwurf vom 27. Juli 2022 vorliegt und das Gesetzgebungsverfahren im Oktober 2022 fortgesetzt worden ist und kurz vor dem Abschluss steht.

Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz sollen hinweisgebende Personen geschützt werden, die beispielsweise im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über im HinSchG aufgeführte Verstöße auf Seiten des Arbeitgebers erlangt haben. Dies kann zum Beispiel Verstöße umfassen, die strafbewehrt (etwa Bestechung oder Betrug) sind oder gegen Bußgeldvorschriften (etwa Rechte von Beschäftigen) verstoßen.

Die Möglichkeiten der Meldung von Verstößen kann durch eine interne (etwa durch eine Person oder Organisationseinheit im Unternehmen) oder externe Meldestelle (etwa durch Ombudspersonen wie Anwaltskanzleien oder elektronischer Lösungen) umgesetzt werden. Alle Beschäftigten müssen Zugang zu einer Meldestelle haben. Die Meldewege können in Textform, mündlicher Art oder auch durch ein persönliches Treffen stattfinden. Sollte ein Unternehmen dieses Hinweisgebersystem innerhalb der vorgesehenen Fristen nicht umsetzen, sind Sanktionen von bis zu 100.000 Euro Geldbuße möglich.

Im Verhältnis zwischen internen und externen Meldemöglichkeiten empfiehlt es sich, die internen Meldekanäle möglichst attraktiv zu gestalten, da so Missstände zunächst intern behandelt und Reputationsschäden eventuell verhindert werden können.

Betroffen sind vor allem Unternehmen aus dem Mittelstand, da größere Unternehmen eine solche Meldemöglichkeiten größtenteils aus anderen Gründen bereits eingeführt haben.

Arbeits- und datenschutzrechtliche Betrachtung

Dr. Christian Hess, Rechtsanwalt der VDMA Rechtsabteilung, präsentierte anschließend die arbeits- und datenschutzrechtlichen Aspekte der Richtlinie. Bislang existierten im deutschen Recht lediglich Regelungen mit Bezug zum Wistleblowing. Obgleich die Rechtsprechung Hinweisgeber schon seit längerem schützt, fehlte eine allumfassende Regelung zu diesem Komplex. Die EU-Whistleblower-Richtlinie ist umfassender und setzt die Voraussetzungen für den Schutz von hinweisgebenden Personen. Um den Schutz des Hinweisgebers zu stärken, besteht das Verbot von Repressalien, etwa das Verbot von Kündigung oder das Unterlassen einer Beförderung für Hinweisgeber.

Die Richtlinie und das HinSchG haben Auswirkungen auf weitere betriebliche Bereiche. Etwa im Bereich der Informations-, Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte des Betriebsrates sind keine konkreten Vorgaben geregelt. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats können sich in bestimmten Punkten – etwa bei der Ausgestaltung eines Meldesystems – ergeben.

Beim Datenschutz ist die Dokumentation der persönlichen Daten zwei Jahre nach Verfahrensabschluss zu löschen – es ist allerdings fraglich, wann ein Verfahren abgeschlossen ist. Auch ist die vertrauliche Bearbeitung der Daten im Hinblick auf die Identität und Informationen des Hinweisgebers zu beachten. Eine anonyme Meldung muss zudem möglich sein.

Abschließend lässt sich festhalten, dass vor allem klein- und mittelständische Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau gut beraten sind, sich schon vor Inkrafttreten des HinSchG mit der Einführung eines Hinweisgebersystems zu beschäftigen. Denn das HinSchG ist vor allem eins: ein Frühwarnsystem über mögliche Missstände im Unternehmen und ein Schutzangebot für die eigene Belegschaft.

Weitere Informationen:

​​​​​​​Veranstalter

Die Veranstaltung wurde von ProduktionNRW angeboten. ProduktionNRW ist das Kompetenznetz des Maschinenbaus und der Produktionstechnik in Nordrhein-Westfalen und wird vom VDMA NRW durchgeführt. ProduktionNRW versteht sich als Plattform, um Unternehmen, Institutionen und Netzwerke untereinander und entlang der Wertschöpfungskette zu vernetzen, zu informieren und zu vermarkten. Wesentliche Teile der Leistungen, die ProduktionNRW erbringt, werden aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.