Die vorgegebenen Pflichten betreffen vor allem große Unternehmen, die Vorgaben können aber auch an kleinere Unternehmen in der Lieferkette weitergegeben werden – eine juristische Einordnung.
Die Bundesregierung hat zum Schutz von Umwelt und Menschenrechten das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) eingeführt. Ab dem 1. Januar 2023 tritt das Gesetz stufenweise mit weitreichenden Auswirkungen in Kraft. Es werden zahlreiche menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in Bezug genommen, deren Nichtbeachtung insbesondere Zwangs- und Bußgeld zur Folge haben können – auch der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren droht.
Mittlere und kleinere Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau sind nicht als unmittelbare Adressaten von den Sorgfaltspflichten aus dem Gesetz betroffen. Sie werden aber mittelbar davon betroffen sein, wenn ihre Kunden nach Maßgabe des Gesetzes eine entsprechende Lieferantenauswahl treffen und Pflichten auf sie als Bestandteile der Lieferkette übertragen. ProduktionNRW hat am 4. Mai 2022 eine virtuelle Informationsveranstaltung für den Maschinen- und Anlagenbau in NRW organisiert, um die Auswirkungen der Gesetzeslage aus juristischer Sicht einzuordnen.
Das deutsche Lieferkettengesetz
Nach einer Einordnung der VDMA-Aktivitäten und -Unterstützungsangebote zum Lieferkettengesetz durch Anette Binder, Rechtsanwältin im VDMA Recht, gingen Dr. Bastian Mehle und Volker Herrmann, beide Rechtsanwälte bei Orth Kluth Rechtsanwälte PartG mbB, auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz detailliert ein.
Der Anwendungsbereich des Gesetzes hat einen territorialen Bezug zu Deutschland und betrifft ab dem ab 1. Januar 2023 Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten und ab dem 1. Januar 2024 auch Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten. Alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens mit den dazugehörigen Produktionsschritten im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte oder zur Erbringung der Dienstleistung
Auswirkungen auf den Mittelstand im Maschinen- und Anlagenbau
Dr. Bastian Mehle und Volker Herrmann betonten des Weiteren, dass wenn ein Unternehmen außerhalb des gesetzlichen Anwendungsbereiches fällt, aber direkter Zulieferer von betroffenen Unternehmen ist, dann können diese kleineren Unternehmen in der Lieferkette darüber hinaus durch ihre Vertragsbeziehung zur Umsetzung von Sorgfaltspflichten angehalten werden.
Um dieser Herausforderung zuvorzukommen, sollten kleine und mittlere Unternehmen sich auf die geänderten Rahmenbedingungen vorbereiten und prüfen, inwieweit sie effizient die Anforderungen, die an sie durch ihre Beschäftigten gestellt werden (wie die Unterzeichnung eines Supplier Code of Conduct oder die Aufnahme entsprechender Verpflichtungen in Verträgen) ebenso umsetzen können wie die daraus folgenden weitergehenden Prüfungspflichten – wie die Einführung von Kontrollmechanismen in ihrem Geschäftsbereich und bei – wiederum ihren – Zulieferern. Insoweit ist es ratsam, die Anpassung der Strukturen im Unternehmen (etwa die Bestimmung eines zentralen Ansprechpartners im Unternehmen), die Durchführung von Risikoanalysen sowie die Anpassung der eigenen Lieferkette durch entsprechende Verträge anzugehen.
Entwurf einer Richtlinie für ein europäisches Lieferkettengesetz
Zusätzlich zum deutschen Gesetz hat die Europäische Kommission am 23.Februar 2022 einen Entwurf zur „Richtlinie über die unternehmerische Sorgfaltspflicht im Bereich der Nachhaltigkeit“ vorgelegt. Der Richtlinien-Entwurf der Kommission befindet sich nun im Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union. Mit einer endgültigen Entscheidung ist bis ungefähr 2023/2024 zu rechnen.
Im Unterschied zum deutschen Gesetz ist der Anwendungsbereich größer definiert. Erfasst werden etwa Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten und 150 Millionen Euro Jahresumsatz sowie Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten und 40 Millionen Euro Jahresumsatz, wenn sie überwiegend in einer „Risikobranche“ (etwa Textilien oder Herstellung von Metallerzeugnissen (außer Maschinen und Geräten)) tätig sind.
In der abschließenden Diskussion zeigte sich, dass viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht wissen, ob ihre Unternehmen von den Auswirkungen des deutschen Gesetzes direkt betroffen sind. Gerade mit Blick auf die europäische Entwicklung empfiehlt es sich, Vorkehrungen frühzeitig anzugehen und sich im Unternehmen entsprechend den rechtlichen Auswirkungen aufzustellen.
Weitere Informationen
- https://wirtschaft-entwicklung.de/wirtschaft-menschenrechte
- https://kompass.wirtschaft-entwicklung.de/
Veranstalter
Die Veranstaltung wurde von ProduktionNRW angeboten. ProduktionNRW ist das Kompetenznetz des Maschinenbaus und der Produktionstechnik in Nordrhein-Westfalen und wird vom VDMA NRW durchgeführt. ProduktionNRW versteht sich als Plattform, um Unternehmen, Institutionen und Netzwerke untereinander und entlang der Wertschöpfungskette zu vernetzen, zu informieren und zu vermarkten. Wesentliche Teile der Leistungen, die ProduktionNRW erbringt, werden aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.