Carbon Management ist ein zentraler Schlüssel zur Erreichung der Klimaziele und hebt die bedeutende Rolle des Maschinen- und Anlagenbaus bei der Umsetzung entsprechender Lösungen hervor.
Aktuelle Herausforderungen wie der Klimawandel, die Automatisierung oder die Digitalisierung erfordern eine umfassende Transformation unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Der Maschinen- und Anlagenbau spielt hierbei eine zentrale Rolle. Um Lösungsansätze aus Nordrhein-Westfalen sichtbar zu machen, hat ProduktionNRW die Veranstaltungsreihe „Enabler und Vorreiter: Maschinenbau gestaltet die Transformation“ etabliert.
Enabler und Vorreiter: Schwerpunkt Carbon Management-Lösungen
Am 18. November 2024 fand bei MAN Energy Solutions SE in Oberhausen die Veranstaltung „Enabler und Vorreiter: Wie der Maschinenbau Carbon Management voranbringt“ statt. Dr. Kirsten Bender, Abteilungsleiterin im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, und Florian Schiller, Standortleiter Oberhausen bei MAN Energy Solutions SE, eröffneten die Veranstaltung mit Grußworten und unterstrichen die wirtschaftliche und ökologische Relevanz des Themas für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen.
Carbon Management als notwendiger Hebel zur Defossilisierung
Prof. Dr.-Ing. Christian Doetsch, Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, stellte Carbon Management als entscheidenden Hebel für die Defossilisierung dar. Innovative Technologien und systemische Ansätze ermöglichen eine nachhaltige Nutzung von Kohlenstoff und leisten damit einen entscheidenden Beitrag zur Reduktion von CO₂-Emissionen. Wesentliche Bausteine sind Technologien wie:
- CO₂-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS)
- CO₂-Nutzung (Carbon Capture and Utilization, CCU)
- Direkte CO₂-Entfernung aus der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal, CDR)
Besonders für kohlenstoffintensive Industrien wie die Zementherstellung oder Petrochemie sind diese Lösungen unabdingbar. Die Herausforderungen in Deutschland liegen allerdings in den hohen Kosten für CO₂-Technologien oder der fehlenden Speicherinfrastruktur. Dennoch eröffnen der Ausbau von Transportinfrastruktur und die Entwicklung von Pipelines vielversprechende Chancen für die Industrie.
Neue Geschäftsmodelle durch Carbon Management
Sebastian Steul, Referent für Technologie und Innovation im VDMA Fachverband Power Systems, beleuchtete die Chancen des Maschinen- und Anlagenbaus für Carbon Management. Der Maschinen- und Anlagenbau fungiert dabei als Schlüsselakteur, da die Branche innovative Technologien und Lösungen liefert, die für eine klimaneutrale Wirtschaft essenziell sind.
Bis 2050 könnten CO₂-Märkte weltweit ein Volumen von über 800 Milliarden Euro erreichen, wobei allein die EU einen Anteil von 90 Milliarden Euro ausmacht. Um diesen Markt zu bedienen sind Komponenten wie Verdichter, Pumpen, Wärmetauscher und Lüftungssysteme notwendig, um die Abscheidung und Nutzung von CO₂ effizient zu gestalten – Bereiche in denen der mittelständische Maschinen- und Anlagenbau auch als Zulieferer Geschäftsmodelle entwickeln kann.
Praxisbeispiele: Carbon Management im Maschinen- und Anlagenbau
Dr. Marco Ernst, Head of Sales & Project Management CCS bei MAN Energy Solutions SE, betonte zunächst den zentralen Stellenwert von Nachhaltigkeit im Unternehmen. Dekarbonisierung und Digitalisierung sind die Treiber der strategischen Entwicklung hin zum Energielösungsanbieter – Carbon Capture ist hier eine zentrale Säule.
Besonders hervorgehoben wird aber auch das Zusammenspiel von Wasserstoff- und Kohlendioxid, da es einen koordinierten Hochlauf braucht, um beispielsweise synthetische Kraftstoffe herstellen zu können: Zwei Praxisbeispiele CCS in Rotterdam und Brevik (Norwegen), verdeutlichen die praktische Umsetzbarkeit von CCS-Anlagen. Das Projekt in Rotterdam etwa zeigt, wie CO₂ an mehreren Punktquellen im Hafen von Rotterdam abgeschieden, verdichtet und in Offshore-Gasfeldern gespeichert wird.
Frank Balzer, Director New Business bei der Air Liquide Deutschland GmbH, hob hervor, dass Air Liquide bereits heute ein Anbieter für Wasserstoff und Industriegase für zahlreiche Kunden in der energieintensiven Grundstoffindustrie ist. Insbesondere im Bereich CCS hat das Unternehmen eine Vielzahl wettbewerbsfähiger Technologien und umfassendes Know-how entlang der gesamten CCS-Wertschöpfungskette entwickelt. Dies wurde anhand zweier Praxisbeispiele in Wülfrath und in Duisburg, Nordrhein-Westfalen, demonstriert, die hohe CO₂-Abscheidungsraten erzielen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei der Binnenhafen in Duisburg, der als logistisches Drehkreuz dient, um verflüssigtes CO₂ nach Rotterdam zu transportieren und in der Nordsee dauerhaft einzuspeichern.
Podiumsdiskussion: Carbon Management entlang der Wertschöpfungskette
Die Abschlussdiskussion brachte führende Experten zusammen, um die Potenziale und Herausforderungen des Carbon Managements aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten:
- Dr. Markus Röhner (Head of R&D Engineering, Large Trains & Screws and Integral Geared Compressors, sowie Standortleiter Berlin MAN Energy Solutions SE) erläuterte unter anderem, wie interne und externe Hürden bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle zu Carbon Management im Unternehmen überwunden wurden.
- Frank Balzer zeigte zum Beispiel auf, welche Chancen Air Liquide Deutschland im Bereich Carbon Management sieht und wie die Rhein-Ruhr-Region und verschiedenste Industrien, wie beispielsweise Zulieferer, davon profitieren könnten.
- Florian Hildebrand (Gründer und CEO von Greenlyte Carbon Technologies GmbH) präsentierte etwa die Bedeutung von Negativemissionen durch Direct Air Capture und deren Potenziale für eine klimaneutrale Wirtschaft.
- Prof. Dr.-Ing. Christian Doetsch rundete die Diskussion ab, indem er beispielsweise die langfristigen Marktchancen für den Maschinen- und Anlagenbau auf einem sich wandelnden Kohlenstoffmarkt hervorhob.
- Die Diskussion verdeutlichte, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette und innovative Ansätze für die erfolgreiche Umsetzung von Carbon-Management-Lösungen sind.
Ausblick
Die Veranstaltungsreihe „Enabler und Vorreiter: Maschinenbau gestaltet die Transformation“ wird fortgesetzt, um weitere Themen wie Energieeffizienz, Wasserstoff und Digitalisierung zu adressieren. Ziel ist es, den nordrhein-westfälischen Maschinen- und Anlagenbau als Schlüsselbranche für transformative Lösungen und Geschäftsmodelle zu positionieren.
Veranstalter
Die Veranstaltungsreihe wird von ProduktionNRW angeboten. ProduktionNRW ist das Cluster des Maschinenbaus und der Produktionstechnik in Nordrhein-Westfalen und wird vom VDMA NRW durchgeführt. ProduktionNRW versteht sich als Plattform, um Unternehmen, Institutionen und Netzwerke untereinander und entlang der Wertschöpfungskette zu vernetzen, zu informieren und zu vermarkten. Wesentliche Teile der Leistungen, die ProduktionNRW erbringt, werden aus Mitteln des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.