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Zukunft digitaler Recruiting-Maßnahmen für die Ausbildung

Freie Ausbildungsplätze und kaum Bewerbungen: Immer mehr Industriebetrieben fehlt hierzulande der Nachwuchs. Hinzu kommt, dass die sogenannte MINT-Lücke zwischen erforderlichen und vorhandenen Arbeitskräften von Jahr zu Jahr wächst. Neben der sinkenden Zahl an Bewerberinnen und Bewerbern, beklagen viele Unternehmen auch über die abnehmende Qualifikation. Die Corona-Krise hat die ausbildungsbetreffende Nachwuchsarbeit auch im Maschinen- und Anlagenbau erschwert und verändert.

Viele Recruiting-Formate, wie Ausbildungsmessen, Praktika oder Tage der offenen Tür, mussten an die neuen Gegebenheiten angepasst werden oder wurden in die digitale Welt übertragen. ProduktionNRW hat am 14. September 2022 die Frage gestellt, welche Rolle digitale Recruiting-Maßnahmen in Zukunft haben werden, wenn die coronabedingten Beschränkungen im öffentlichen Leben größtenteils entfallen. Denn für viele Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau ist es relevant, von der nachrückenden und qualifizierten Generation weiterhin als attraktiver Arbeitgeber beachtet zu werden.

Neue Wege der Azubi-Rekrutierung – was bleibt „digital“?

Miriam Schöpp, Referentin für Berufliche Bildung beim Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA), betrachtete zunächst den Ausbildungsmarkt: Demnach finden Azubis und Betriebe immer schwerer zusammen. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen ist in diesem Jahr erneut um 20 Prozent gestiegen. Im Vergleich zu 2011 hat sich die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen auf 63.200 fast verdoppelt. Trotzdem interessieren sich viele Jugendliche noch für eine Ausbildung.

Um für diese junge Generation sichtbar zu sein, sollte die Attraktivität der Ausbildungsbetriebe gestärkt werden. Nachdem die eigene Zielgruppe definiert ist, geht es den Unternehmen vor allem darum, wie die Jugendlichen zu erreichen sind – etwa über die eigene Karrierewebseite, Stellenanzeigen, Schulkooperationen, Praktika, Ausbildungsmessen, Speed-Dating, Social Media oder Ausbildungsbotschafter. Vieler dieser Ansätze lassen sich in die digitale Welt übertragen und werden wahrscheinlich auch in Zukunft eine zentrale Rolle in der Nachwuchsrekrutierung haben.

Zwei ausgewählte digitale Ansätze zur Nachwuchsgewinnung​​​​​

​​​​​​Stefan Grötzschel, Referent aus der VDMA Bildung, stellte anschließend die weitere VDMA-Planung zur virtuellen Karrieremesse für Techniknachwuchs – der TechTalents – vor. Demnach ist weiterhin geplant, junge Menschen, Unternehmen und Hochschulen zusammenbringen. Dazu sollen auf der TechTalents Berufs- und Studieninformation für junge Zielgruppe angeboten, ein spannendes Rahmenprogramm veranstaltet, konkrete Jobs aufgelistet und niedrigschwellige Kontakte zwischen den einzelnen Akteuren ermöglicht werden. Anders als andere Karrieremessen ist die TechTalents 365 Tage geöffnet, bundesweit zugänglich und lockt mit regelmäßigen virtuellen Events.

Aus Erkenntnissen der bisherigen Aktionswochen der TechTalents sollen die Interaktionen zwischen Schülerinnen und Schüler mit Ausstellern weiter verbessert, die Bekanntheit und Besucherzahlen gesteigert, das Programm kompakter und die Ganzjährigkeit besser genutzt werden. Mit diesen Verbesserungsansätzen sind für den 14. und 15. Dezember 2022 zum dritten Mal Aktionstage der TechTalents geplant. Gemeinsam mit dem Schulnetzwerk MINT EC werden wieder gezielt MINT bewegte Schulen aufgerufen teilzunehmen und eine virtuelle Schnitzeljagd über die Stände der Aussteller lockt mit attraktiven Preisen.

Johanna Tewes, Ausbilderin im Bereich Mechatronik bei Haver & Boecker, präsentierte danach den hauseigenen Azubi-Kanal auf Instagram. Instagram wird bei Haver & Boecker genutzt, weil sich hierüber kostengünstig die junge Zielgruppe erreichen und auf persönlicher Ebene ansprechen lässt. Der Kanal thematisiert hauptsächlich den Ausbildungsalltag, präsentiert einzelne Projekte oder stellt die jeweiligen Ausbildungsberufe dar. Bei der Bildauswahl stehen meistens die eigenen Azubis im Mittelpunkt, aber auch technische Abläufe werden dargestellt. Seit der Gründung des Accounts im Februar 2022 konnte auf diese Weise eine Community von etwa 500 Follower aufgebaut werden.

Gegenseitige Unterstützung zur Rolle eines Mentors durch kollegiale Beratung

Auf Wunsch der Teilnehmenden wurde abschließend die Frage diskutiert, wie die Rolle der Mentorin im Ausbildungskontext optimal angegangen werden kann, ohne die Werte und Ideale des eigenen Unternehmens zu tangieren. Im konkreten Fall geht es darum, dass eine Teilnehmerin mit dieser Rolle neu beauftragt wurde, aber eigentlich keinen direkten Kontakt zu den Auszubildenden hat. Mit Blick auf die Erfahrungen und den Kenntnissen über die junge Generation ist es aber wichtig, diese nach den eigenen Befindlichkeiten aktiv anzusprechen. Dabei konnte die Befürchtung genommen werden, Widerstände von den Ausbildungsverantwortlichen zu erhalten.
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Da die Herausforderungen im Bereich der Nachwuchsgewinnung weiterhin den Maschinen- und Anlagenbau begleiten werden, haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für weitere Veranstaltungen von ProduktionNRW das Thema der Elternansprache im Kontext der Ausbildung gewünscht. Viele Ausbildungsbetriebe bemerken, dass die Akademisierung des Bildungssystems dazu führt, dass die Anzahl an Auszubildenden abnimmt. Einen zentralen Stellenwert in diesem Kontext nehmen auch die Eltern ein. Es ist also spannend, diese für die Ausbildung der Kinder zu überzeugen.

Weitere Informationen
Veranstalter

Diese Veranstaltung wurde von ProduktionNRW in Kooperation mit dem Mittelstand-Digital-Zentrum Rheinland durchgeführt. ProduktionNRW ist das Kompetenznetz des Maschinenbaus und der Produktionstechnik in Nordrhein-Westfalen und wird vom VDMA NRW durchgeführt. ProduktionNRW versteht sich als Plattform, um Unternehmen, Institutionen und Netzwerke untereinander und entlang der Wertschöpfungskette zu vernetzen, zu informieren und zu vermarkten. Wesentliche Teile der Leistungen, die ProduktionNRW erbringt, werden aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.