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Sorgfaltspflichtengesetz: Herausforderungen bei Umsetzung

Am 24. Juni 2022 lud der VDMA in Kooperation mit ProduktionNRW zu einer Informationsveranstaltung rund um das Sorgfaltspflichtengesetz ein. Anette Binder, Referentin der Abteilung Recht im VDMA, stellte übersichtlich die wichtigsten Eckpunkte des Sorgfaltspflichtengesetz vor, das ab dem 1. Januar 2023 gilt.

In Deutschland ansässige Unternehmen werden zu Sorgfalts- und Berichtspflichten im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte in der Lieferkette verpflichtet. Betroffen sind Unternehmen mit Sitz in Deutschland ab 3.000 Mitarbeitern. Ab dem Jahr 2024 gilt das Gesetz auch für deutsche Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten.

Unternehmen haben es mit den folgenden Umsetzungsschritten zu tun: Verabschiedung einer Grundsatzerklärung (Policy) zur Menschenrechtsstrategie, Etablierung eines Risikomanagements, der Festlegung betriebsinterner Zuständigkeiten bis hin zu Sorgfaltsprozessen wie die Entwicklung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie dem Einführen eines Beschwerdemanagements. Das Gesetz verpflichtet die Unternehmen auch dazu, jährliche Ergebnisse an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu berichten. Dieser Bericht wird anschließend online veröffentlicht und soll die Umsetzung der Sorgfaltspflichten offenlegen.

Risikomanagement in der Praxis

Einen Praxiseinblick zu den aktuellen Herausforderungen des Risikomanagements im Umgang mit dem Sorgfaltspflichtengesetz gab die Harting Technologiegruppe mit Stammsitz in Espelkamp. Für die Analyse der Lieferketten und Lieferanten nutzt der deutsche Hersteller von Industriesteckverbindern, Leiterplattensteckverbindern und Systemverkabelung Datenbanken wie den „Human Development Index“ der Vereinten Nationen oder auch den „Corruption Perception Index“ von Transparency International als Informationsgrundlage. Länderspezifische Kennzahlen zeigen an, in welchen Ländern Risiken beim Thema Menschenrechte und Umwelt bestehen.

Kennzahlen erheben und auswerten

Der nächste Schritt des Risikomanagements umfasst Lieferantenaudits (Umfragen). Besteht beim Lieferanten ein Code of Conduct? Gibt es eine Erklärung zur unternehmerischen Gesundheits- und Sicherheitspolitik? Bestehen strategische Ziele für das Senken von Energieverbräuchen und die Vermeidung von Umweltverschmutzungen? Sobald die Kennzahlen feststehen, muss zusammen mit der Geschäftsleitung eine Gewichtung festgelegt werden. CSR-Kennzahlen werden bei Harting derzeit mit einer deutlichen Gewichtung bewertet. Aspekte wie der CO2-Fußabdruck, Recyclinganteile oder der Energiemix können entscheiden, wie gut oder schlecht ein Lieferant oder Kunde in Punkten abschneidet. Die Ergebnisse werden für eine strategische Gesamtbewertung genutzt. Anschließend fließen die Bedingungen von Harting in die Lieferanten- und Kundenverträge ein, um Verbindlichkeiten und Anforderungen zu kommunizieren.

Sensibilisieren und Schulen

Die Erstellung einer Risikoanalyse ist komplex und besonders zeitaufwendig für die Unternehmen. Sobald konkrete Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen sind, beginnt aber erst die eigentliche Arbeit. Lieferanten, welche keine Antworten in den Umfragen geben oder die keine bis wenige Aktivitäten in den Lieferketten vorweisen, bekommen in der Risikoanalyse eine geringe Punktzahl. In der Folge besteht bei diesen Lieferanten Handlungsbedarf zum Prüfen von Umweltverschmutzung und Menschenrechtsverletzungen. Zu den Präventivmaßnahmen zählen regionale Schulungen vor Ort bei den Lieferanten, um zu sensibilisieren oder es kommt zur Neuverhandlung von Verträgen bis hin zur Konkretisierung der Erwartungshaltung und damit verbundenen Fristsetzungen.

Hilfestellung des VDMA

Harting bedient sich unter anderem des bestehenden Risikomanagementtools, das der VDMA Mitgliedern zur Verfügung stellt. Auch ein branchenübergreifender Code of Conduct steht bereit, mit dem Unternehmen erste Grundlagen für ihre Lieferketten schaffen können. Das Starterkit des VDMA zum Sorgfaltspflichtengesetz kann hier per Mail bei Judith Herzog-Kuballa (bitte verlinken mit judith.herzog@vdma.org), Referentin der VDMA Abteilung Umwelt- und Nachhaltigkeit, angefragt werden.

Im anschließenden Erfahrungsaustausch gab es wenige Rückfragen. Die Teilnehmenden bestätigen, dass die gesamte Verwaltung und das Risikomanagement eine Mammutaufgabe darstellen.

Weitere Informationen

Informationen des VDMA „Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten“
FAQ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Lieferkettengesetz
Helpdesk der Bundesregierung zum Thema „Wirtschaft & Menschenrechte“
KMU-Kompass „Sorgfaltspflichten umsetzen leicht gemacht“ mit Tools für kleine und mittlere Unternehmen

Veranstalter

Die Veranstaltung wurde vom VDMA in Kooperation mit ProduktionNRW angeboten. ProduktionNRW ist das Kompetenznetz des Maschinenbaus und der Produktionstechnik in Nordrhein-Westfalen und wird vom VDMA NRW durchgeführt. ProduktionNRW versteht sich als Plattform, um Unternehmen, Institutionen und Netzwerke untereinander und entlang der Wertschöpfungskette zu vernetzen, zu informieren und zu vermarkten. Wesentliche Teile der Leistungen, die ProduktionNRW erbringt, werden aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.