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Neuerungen im Steuerrecht

Die energetische Transformation und Digitalisierung der Industrie drängen mit ihren Folgen verstärkt ins deutsche und internationale Steuerrecht. ProduktionNRW hat – nach der coronabedingten Pause – am 24. Mai 2022 einen Erfahrungsaustausch in Präsenz für den nordrheinwestfälischen Maschinen- und Anlagenbau angeboten, um diese Änderungen detailliert zu diskutieren.

Steuerpolitik – Bericht aus Berlin

Zunächst hat Ulrich Meißner, Referent VDMA Steuern, einen Überblick zu den neuen politischen Leitplanken aus Berlin dargestellt. Im Mittelpunkt standen die geplanten Änderungen der neuen Bundesregierung und deren Auswirkungen auf den Maschinen- und Anlagenbau. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP im Bereich Steuern beispielsweise auf die Entbürokratisierung und Digitalisierung (etwa Erhöhung von Schwellenwerten) oder der Einführung einer globalen Mindestbesteuerung festgelegt.

Im Bereich des Umsatzsteuerbetrugs plant die neue Regierung zudem die Einführung eines elektronischen Meldesystems, das für die Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen verwendet werden soll. Demnach sind die Rechnungsdaten vor Übermittlung an den Kunden an die Verwaltung zur Genehmigung zu senden – wie beispielsweise in Italien oder in Frankreich (geplant). Für Deutschland bleibt abzuwarten, ob die Einführung eines solchen neuen Systems problemlos gelingt.

Neuerungen zur deutschen Quellensteuer

Anschließend ging Florian Schmidt, Referent VDMA Steuern, auf die Regelungen zur deutschen Quellensteuer ein und gab einen kleinen Ausblick auf geplante Neuerungen. In Deutschland sind Unternehmen an diversen Stellen mit der Herausforderung konfrontiert, die Pflicht zur Durchführung des Quellensteuerabzuges zu erkennen und diesen richtig durchzuführen. Andernfalls droht die steuerliche Haftung für die nicht einbehaltenen Steuern. Im Fokus standen zwei Bereiche: der Steuerabzug im Kontext von Softwarelizenzen sowie der Umgang mit der Bauabzugsteuer.

Wenn beispielsweise ein Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau eine befristete Lizenzgebühr an ein ausländisches Softwareunternehmen zahlt, kann eine Quellensteuer für eine solche temporäre Rechteüberlassung erhoben werden – wie zum Beispiel beim Microsoft 365-Paket. Rechtliche Ungenauigkeiten gibt es im Bereich der Lizenzen – gerade in Bezug auf die stattgefundene Urheberrechtsreform 2021 – im Bereich der ausländischen Softwareauftragsentwicklung. Hier will das Bundesministerium der Finanzen (BMF) für mehr Klarheit sorgen und hat bereits einen ersten Entwurf für ein neues BMF-Schreiben vorgestellt.

Einen anderen für Quellensteuer relevanten Bereich stellen Bauleistungen dar, wo diese in der Form der Bauabzugsteuer zu beachten sind. Die Bauabzugsteuer ist auf eine Bauleistung im Inland anzuwenden. Bauleistungen beziehen sich demnach auf die Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder die Änderung sowie Beseitigung von Bauwerken. Allerdings werden die Begriffe der Bauleistung und des Bauwerkes insbesondere durch die Rechtsprechung immer weiter ausgeweitet, wodurch immer mehr Branchen wie bspw. auch der Maschinen- und Anlagenbau in den Fokus dieses Steuerabzuges geraten, obwohl diese in der Breite nicht originär Teil der eigentlich betroffenen Baubranche ist. Daher droht das Risiko, dass die Rolle der Bauabzugsteuer in der betrieblichen Praxis vernachlässigt wird. Im Rahmen eines betrieblichen Tax Compliance Systems sollten daher Arbeitsanweisungen und Prüfroutinen geschaffen werden.

Aktuelles aus der Umsatzsteuer

Abschließend präsentierte Meißner neue Entwicklungen zur Umsatzsteuer. Zum Thema Umsatzsteuer hat die Finanzverwaltung in den letzten zwei Jahren eine Vielzahl von BMF-Schreiben erlassen. In der Veranstaltung wurden, die für die Industrie wichtigsten Themen aufgegriffen. So unter anderem zum Leistungsort von Schulungen, Umsatz- oder Versicherungssteuer von Garantiezusagen sowie die Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern.

Im Bereich „Leistungsort bei Schulungen“ ist der Anlagen- und Maschinenbau vor allem bei betrieblichen Schulungen betroffen. Laut dem BMF (9. Juni 2021) gilt als Ort einer allgemeinen Schulung, auch wenn sie der Allgemeinheit nicht offensteht, der Ort, an dem die Schulung durchgeführt wird. Werden solche Veranstaltungen im Ausland angeboten, entsteht in der Regel eine Registrierungspflicht im Ausland. Kunden, die sich in Deutschland schulen lassen, müssen in vielen Fällen zukünftig deutsche Umsatzsteuer zahlen.

Im Kontext Umsatz- oder Versicherungssteuer von Garantieverlängerungen hat das BMF am 11. Mai 2021 beschlossen, dass Garantieleistungen in vielen Fällen zukünftig nicht mehr der Umsatzsteuer, sondern der Versicherungssteuer unterliegen. Da ein Vorsteuerabzug, wie bei der Umsatzsteuer üblich, bei der Versicherungssteuer nicht möglich ist, kommt es zu einer Definitivbelastung für die Kunden im Maschinen- und Anlagenbau. Lösungsansätze können sein, die Ware entweder ausschließlich nur mit Garantieverlängerung anzubieten, die Abgabe des Geschäfts an eine konzerneigene oder fremde Versicherungsgesellschaft weiterzugeben oder den Verkauf nur mit Abschluss eines Vollwartungsvertrages anzubieten.

Die Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitgliedes wurde nach dem bisherigen Umsatzsteuergesetz als selbständig eingestuft und war dadurch umsatzsteuerpflichtig. In einem BMF-Schreiben vom 8. Juli 2021 wird festgehalten, dass ein Mitglied eines Aufsichtsrats, dass aufgrund einer nicht variablen Festvergütung tätig wird, kein Vergütungsrisiko trägt und daher nicht selbständig im Sinne des Umsatzsteuergesetzes agieren kann. In dem Schreiben bleibt allerdings offen, welche Leistungsbestandteile als variabel gelten sollen. Zu diesem Schreiben hat die Finanzbehörde einige vom VDMA angefragte Details nachbearbeitet.

Veranstalter

Die Veranstaltung wurde von ProduktionNRW angeboten. ProduktionNRW ist das Kompetenznetz des Maschinenbaus und der Produktionstechnik in Nordrhein-Westfalen und wird vom VDMA NRW durchgeführt. ProduktionNRW versteht sich als Plattform, um Unternehmen, Institutionen und Netzwerke untereinander und entlang der Wertschöpfungskette zu vernetzen, zu informieren und zu vermarkten. Wesentliche Teile der Leistungen, die ProduktionNRW erbringt, werden aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.