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Arbeitsrecht: Neues aus Arbeitsmarktpolitik und Rechtsprechung

Viele Corona-Schutzmaßnahmen sind seit Februar 2023 weitgehend weggefallen. Die Bundesregierung verfolgt damit das Ziel, wieder mehr Normalität im Alltag zu erzielen. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Arbeitsmarktpolitik und in der -rechtsprechung wider: Viele der aktuellen Themen haben hier einen Schwerpunkt abseits der Corona-Schutzmaßnahmen. Um diese Entwicklungen für den nordrhein-westfälischen Maschinen- und Anlagenbau darzustellen, hat ProduktionNRW am 26. Januar 2023 eine virtuelle Informationsveranstaltung zu den Bereichen Arbeitsmarktpolitik und Rechtsprechung im Arbeitsrecht durchgeführt.

Aktuelle arbeitsmarktpolitische Entscheidungen

Fabian Seus, Rechtsanwalt bei der VDMA Rechtsabteilung und Leiter Competence Center Arbeitsmarkt, präsentierte zunächst das Nachweisgesetz. Aufbauend auf der EU-Richtlinie 2019/1152 sind die Mitgliedstaaten dazu angehalten, neue Informationspflichten für den Arbeitgeber vorzuschreiben. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Richtlinie zum 1. August 2022 ins deutsche Recht übertragen. Die Nachweispflichten sind nicht neu, sondern wurden um weitere Nachweispflichten ergänzt. Diese Änderungen gelten für Arbeitsverträge ab dem 1. August 2022 automatisch. Für Arbeitsverhältnisse vor dem 1. August 2022, müssen die neuen Nachweispflichten nur auf Verlangen des Arbeitnehmenden erfüllt werden.

Die Informationspflichten durch den Arbeitgeber erfordern die Schriftform. Das bedeutet, dass eine eigenständige Unterschrift beispielswiese auf dem Arbeitsvertrag benötigt wird. Auch sind bei einem Auslandseinsatz zusätzliche Angaben auszuhändigen, wie das Zielland, die geplante Dauer oder die Währung, in der die Entlohnung erfolgt. Verstöße gegen das Nachweisgesetz können mit bis zu 2.000 Euro sanktioniert werden.

Im Weiteren wurden die Entwürfe zum Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung und Einführung einer Bildungszeit sowie das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung behandelt. Beide Gesetze befinden sich noch in der Entwicklung. Das Weiterbildungsgesetz soll unter anderen die Einführung einer sogenannten Bildungs(teil)zeit umfassen, um die Beschäftigten dabei zu unterstützen, ihre beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten eigenständig wahrzunehmen.

Im Bereich der Fachkräftezuwanderung soll die Zuwanderung anhand der Beurteilung durch drei Säulen (Fachkräftesäule, Erfahrungssäule und Potentialsäule) erleichtert werden, wobei die Fachkräftesäule das zentrale Element der Einwanderung bleibt – diese umfasst nach dem jetzigen Entwurf auch die Blaue Karte EU für ausländische Hochschulabsolventen sowie die nationale Aufenthaltserlaubnis für ausländische Fachkräfte mit einem deutschen oder in Deutschland anerkannten Abschluss.

Aktuelle Urteile zum Arbeitsrecht

Dr. Christian Hess, Rechtsanwalt der VDMA Rechtsabteilung, ging anschließend auf arbeitsrechtliche Urteile ein. Der Schwerpunkt der richterlichen Entscheidungen hat sich verschoben und deckt wieder verstärkt Entscheidungen abseits von Corona-Urteilen ab. Beispielsweise hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein am 27. September 2022 das Recht auf digitale Nichterreichbarkeit der Angestellten gestärkt. Demnach ist eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter nicht verpflichtet, sich in der Freizeit zu erkundigen, ob der Dienstplan geändert worden ist – entsprechende Anrufe oder SMS sind laut Urteil nicht entgegenzunehmen.

Besonders überraschend ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Arbeitszeiterfassung vom 13. September 2022. Entgegen der Erwartung hat das Gericht die Arbeitszeiterfassung nach dem Arbeitsschutzgesetz ausgelegt. Diese Entscheidung hat Konsequenzen auf die Gesetzauslegung, da unter dem Arbeitsschutzgesetz auch leitende Angestellte fallen und diese demnach auch die Arbeitszeit nachhalten müssten – das Urteil hat hierzu keine Definition präsentiert. Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird im ersten Quartal 2023 ein praxistauglicher Vorschlag für die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz erstellt.

In der anschließenden Diskussion wurde die Frage behandelt, ob mit der Arbeitszeiterfassung die Vertrauensarbeitszeit abgesetzt werden müsse. Beispielsweise wurde die Vertrauensarbeitszeit bei einem Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau zur Motivation der eigenen Belegschaft eingeführt. Sollte diese wieder zurückgenommen werden, wäre dies schwer zu vermitteln. Entgegen dieser Befürchtung nimmt im Koalitionsvertrag der Bundesregierung die Vertrauensarbeitszeit aber einen zentralen Stellenwert ein – daher ist ein Entfallen eher unwahrscheinlich.

Weitere Informationen
Veranstalter

Die Veranstaltung wurde von ProduktionNRW angeboten. ProduktionNRW ist das Cluster des Maschinenbaus und der Produktionstechnik in Nordrhein-Westfalen und wird vom VDMA NRW durchgeführt. ProduktionNRW versteht sich als Plattform, um Unternehmen, Institutionen und Netzwerke untereinander und entlang der Wertschöpfungskette zu vernetzen, zu informieren und zu vermarkten. Wesentliche Teile der Leistungen, die ProduktionNRW erbringt, werden aus Mitteln des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.